Filmvermittlung und frühes Kino
Motion Picture (Peter Tscherkassky)
Ein merkwürdiges Bild. Wie bei einem pointillistischen Gemälde muss man die Augen ein bisschen zusammenkneifen um zu erkennen, was zu sehen ist. Oder wenn man weiter vom Bild wegginge? Das Motiv, das man dann sieht, ist eins der frühesten der Filmgeschichte. Es sind die Arbeiterinnen und Arbeiter, die 1895 auf Anweisung des Kameramanns aus der Lumière-Fabrik in Lyon Monplaisir herausströmten und die seitdem unzählige Male – festgehalten für die Ewigkeit – immer wieder aus der Lumière-Fabrik herausgeströmt sind.
Aber hier sind die Kontraste so hart, dass es nur Schwarz und Weiß und kaum Zwischentöne zu geben scheint. Die Bildinformation ist ganz auf diese zwei Extremwerte reduziert; wenn man so will: auf die 0 und die 1 des Farbspektrums.
Das Bild gibt ein Rätsel auf, und die ganze Tragweite des Rätsels wird erst klar, wenn man sieht (oder erfährt), dass die weiß gestanzten Bahnen, die das Bild in regelmäßigen Abständen von oben nach unten tranchieren, die Perforationslöcher von insgesamt 50 Filmstreifen sind. Wir sehen also, auf einen Blick, einen potentiellen Film, der aus einer einzigen Fotografie besteht. Wie dieser Film aussieht, wenn seine 50 Stücke hintereinandermontiert sind und projiziert werden, lässt sich hier nur ahnen.