Kunst der Vermittlung.
Aus den Archiven des Filmvermittelnden Films

Was die Form dieses Films betrifft, so erinnert er mich an Benjamins »Kommentare zu Gedichten von Brecht«, Kommentare, die, wie Benjamin selbst erläutert, etwas anderes sind als eine abwägende, Licht und Schatten verteilende Würdigung. Von einer solchen unterscheidet sie, dass sie es mit der Schönheit und dem positiven Gehalt ihrer Texte allein zu tun haben. Und es ist ein sehr dialektischer Sachverhalt, der diese archaische Form, den Kommentar, der zugleich eine autoritative Form ist, im Dienste einer Dichtung und nun bei Farocki im Dienste von Filmen in Anspruch nimmt, die dem, dem damals, heute Autorität zuerkannt wird, die Stirne bieten.

Farocki liest, beim Schein einer eingangs von ihm selbst entzündeten Kerze, seinen Kommentar, jeweils vor oder nach den integral gezeigten Peter Weiss-Filmen, vom Blatt. Dieses hält er mit beiden Händen etwas von sich weg, so dass das Kerzenlicht in der Mitte, auf einem Tisch, sowohl auf das Blatt als auch auf sein Gesicht fällt. Archaisch-einfaches Schwarzweißbild, frei von Feierlichkeit oder Gemütlichkeit. Auch das Ablesen erfolgt ohne Beweihräucherung, aber mit großer Aufmerksamkeit, Schritt für Schritt, so dass wir uns beim Zuhören mit dem Sprechenden zusammen durch die Gliederungen der Sätze bewegen. Unablässig flackert, vom Atem des Vorlesers in Bewegung gesetzt, das Kerzenlicht ein wenig auf und kommt in den Satzpausen wieder zur Ruhe. Dabei erscheint mir diese kleine, sich biegende Flamme als ein Sinnbild für das lebendige Ganze des jeweils besprochenen Films, das auch beim verbalen Umkreisen und Beleuchten von Einzelaspekten immer mit durchscheint.

Wie seine Bücher, so sind auch die Filme von Peter Weiss voller Traumkraft; jedes Detail weckt einen Strom der Gefühle. Die Geräusche der Orte, an denen er gefilmt hat, liegen deutlich in der Luft. Die Filme waren Teil seines täglichen Lebens.

Studie II (Hallucinationer / Halluzinationen, 1952) – Studie IV (Frigörelse / Befreiung, 1954) – Enligt lag / Im Namen des Gesetzes, 1957 – Ansikten i skugga / Gesichter im Schatten, 1956 – Vad ska vi göra nu da / Was machen wir jetzt, 1958. Schweden.