Filmvermittlung und Bildforschung: Harun Farocki
»Filmtip« zu »Tod des Empedokles«
Eine der erstaunlichen Eigenschaften der Filme von Jean-Marie Straub und Danièle Huillet ist der fast skulpturale Umgang mit dem sprachlichen Material der häufig literarischen Ausgangstexte.
In seinem Beitrag für die WDR-Reihe »Filmtip« geht Harun Farocki der Frage nach der Arbeit mit Worten und Sätzen, Pausen und Satzzeichen in einem Gespräch mit dem Darsteller des Empedokles (Andreas von Rauch) nach. Wie lernt man 1000 Verse Hölderlin? (Laut vor sich hin lesend und den Text in den Alltag integrierend.) Muss man für diese Arbeit den Sinn der Worte verstehen? (Eine Schwierigkeit. Bis zu einem gewissen Grad schon, aber man muss sich auch – wie bei einem Musikstück – dem Klang überlassen.) Gibt es überhaupt einen Zusammenhang zwischen Verstehen und Auswendig-Können? Wie ist das Verhältnis zwischen den Vorgaben, wie etwas zu sprechen sei, und »persönlichem Ausdruck«? –– Fragen zur Arbeit des Schauspielers und zur Arbeit mit Texten. Andreas von Rauch antwortet und erläutert an einem Textblatt, wie die Verse gruppiert und in den Text Pausen und Betonungen, Dynamik und Tonfälle eingezeichnet werden, um Klang und Rhythmus zu erzeugen. In Alltagskleidung, vor dem Spiegel in einer Altbauwohnung (in dem auch Farocki und der Tonmann häufig zu sehen sind: eine einfache und effektive Antwort auf das fernsehübliche Schuss/Gegenschuss-Diktat bei Gesprächen), erfahren wir etwas über die Transformation von Hölderlins geschriebenem Text in die gesprochene Sprache eines Straub/Huillet-Films. »Als Instrumentalist an der Sprache arbeiten.« (von Rauch)